Herausforderungen im Umgang mit unseren Kindern kennen alle Eltern und dabei ist es völlig egal, wie alt die Kinder sind.
Der nicht schlafen „wollende“, schreiende Säugling, die schulverweigernde Jugendliche, der bockige Trotzkopf und die pickelige Revoluzzerin, der neunmalkluge 8 jährige, der alles besserwissende Teenager, sie alle haben eine besondere Gabe. Sie können ihre Eltern an den Rand der Verzweiflung bringen, nicht selten fühlen wir uns hilflos und ohnmächtig.
Es müssen gar nicht die ganz großen Katastrophen sein.
Was dann kommt, ist meist nicht wirklich schön.
In unserer Verzweiflung hören wir uns Dinge sagen, die wir selbst nie hören wollten.
Wir lassen uns zu Verhaltensweisen hinreißen, die mehr schaden als nützen.
Wir ermahnen, toben, drohen, bestrafen, erpressen, beschimpfen, beschämen, sanktionieren und manipulieren, was das Zeug hält. Im schlimmsten Fall rutscht uns die Hand aus, doch bevor sie trifft, stecken wir sie lieber schnell in die Hosentasche.
Kennst du das? Nein? Ist dir noch nie passiert?
Vielleicht hast du solches Verhalten bei anderen Familien/der Nachbarin ja schon mal beobachtet?
Wie dem auch sei, unterm Strich kann man sagen, dass diese Art zu Sein bei Kindern ja nicht wirklich zielführend ist und wenn sie ehrlich ist, die Nachbarin, dann weiß sie das auch.
Das einzige, das sie erreicht, ist, dass der Selbstwert des Kindes Schaden nimmt.
Die Beziehung nachhaltig belastet wird. Sie verletzt und kränkt das Gegenüber und anstatt Respekt bekommt das Kind höchstens Angst vor dem Szenario.
Häufig bemerkt sie gar nicht, wo das Dilemma beginnt und sie möchte auch nicht wirklich darauf hingewiesen werden.
Doch kommen wir zurück zu uns.
Vielleicht überdenke ich bei meinem unruhigen Säugling, wie viel Aktion er tatsächlich benötigt? Oder bin ich es, die raus muss und was erleben will? Gibt es vielleicht Spannungen zwischen meinem Partner und mir, weil wir beide überfordert sind mit allem?
Möglicherweise benötigt der sensible Jugendliche Eltern, die hinter ihm stehen und sich nicht verrückt machen lassen von Abschluss-Panik und Leistungsdruck. Die erkennen, dass er schon jemand ist und nicht erst noch werden muss. Die vertrauen, dass ihre guten Gene, das Vorbild, das sie leben und die Werte, die sie vermittelt haben, nach der Umbauphase „Pubertät“, wieder zum Vorschein kommen.
Vielleicht hat der bockige Trotzkopf einfach keine Lust, jetzt noch schnell was zu erledigen, wo er doch gerade so schön gespielt hat. Nur weil Mama/Papa die Zeit schlecht eingeteilt hat und er plötzlich funktionieren soll, wo sich ihm die Hektik gar nicht erschließt.
Es könnte auch sein, dass uns die Revoluzzerin deshalb so nervt, weil wir uns abgewöhnt haben, für Veränderung zu kämpfen, Missstände resigniert hinnehmen oder uns täglich einfach zu viel aufbürden, um auch noch über den Tellerrand hinauszuschauen?
Du merkst schon, worauf ich hinaus will, oder? Egal, was unsere Kinder aus uns herausholen, das Beste oder das Schlechteste, ein Blick in den Spiegel ist immer sehr sinnvoll und hilfreich.
Sehr oft weist das Verhalten unserer Kinder daraufhin, dass wir die Verantwortung für uns und unser Handeln nicht übernehmen.
Wir nicht auf unsere Grenzen schauen, für unser Wohlbefinden sorgen.
Dass wir nicht einstehen, für das, was uns wichtig ist, weil wir uns unbeliebt machen würden;
wir uns keine Hilfe holen, obwohl wir mit unserem Latein längst am Ende sind;wir unsere Erwartungen auf unsere Kinder projizieren, sie zum Projekt machen.
Egal, mit welcher Herausforderung wir uns konfrontiert sehen, es ist immer eine Einladung des Lebens an uns.
Eine Einladung zur Weiterentwicklung, zum Überdenken, Dinge zu verändern, ins Gespräch zu kommen, Entscheidungen zu treffen, neue Wege zu gehen.
Eine Einladung zu lernen mit unserer Wut, unserem Frust, unserer Resignation, unserer Schwäche, unserer Angst, unserem Schmerz, unserer Grenze umzugehen, sie anzunehmen und ggf. zu kultivieren.
Dabei ist es nebensächlich, wie groß, wie unvorbereitet, wie heftig oder schockierend die Anforderung ist. Den meisten von uns wird es gelingen uns an der Krise weiterzuentwickeln, so oder so.
So simpel ist das und ich sage nicht, dass es einfach ist!
Autorin: Susanne Sonnleitner